Ungebetene Post: Wie Unternehmen mit aktivistischen Investoren umgehen sollten
02.10.2023
Aktivistische Investoren setzen mit ihren Forderungen verstärkt Unternehmen unter Druck. Diese zu ignorieren, ist keine Option. Unternehmen sollten vielmehr die Perspektive der Aktivisten einnehmen, um sich fit zu machen und den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern. Eine professionelle Kapitalmarktkommunikation spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Das Unheil kündigt sich häufig per Brief an. Aktivistische Investoren tun darin ihre Unzufriedenheit über den Geschäftsverlauf des kontaktierten Unternehmens kund und tragen ihre Anliegen vor. Sie fordern beispielsweise die Abspaltung oder den Verkauf eines Unternehmensteils, einen strategischen Kurswechsel oder Veränderungen in den Führungsgremien. Manchmal steckt auch kein expliziter Investmentansatz dahinter und es geht um das Ausnutzen einer vermeintlichen Unterwertung des Unternehmens. Die Motivation dahinter ist indes immer die gleiche: eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften. Diese ist jedoch nicht immer deckungsgleich mit den Zielen des ins Visier geratenen Unternehmens.
Das Schreiben an die Chefetage eines Unternehmens ist oftmals nur ein Teil einer Kampagne der Investoren, die von einer externen öffentlichen Meinungsmache und – immer häufiger – den Bespielen digitaler Kanäle mannigfaltig unterstützt wird. Der offene Brief hat fast immer eine Vorgeschichte: Die Mehrheit der aktivistischen Investoren verfolgt einen klug durchdachten Investmentansatz. Dieser beruht auf monatelanger Vorarbeit, Analysen und unzähligen Gesprächen mit Marktteilnehmern mit dem Ziel, das mögliche Zielunternehmen auf Schwächen abzuklopfen und letztlich das Management unter Druck zu setzen. Als Folge davon entsteht ein Aktionsplan mit zahlreichen Forderungen. Gleichzeitig werden Stück für Stück Positionen im identifizierten Unternehmen aufgebaut.
Waren aktivistische Investoren lange Zeit vor allem in den USA tätig, geraten Unternehmen auch in Europa stärker ins Visier der Aktivisten. Das Beratungsunternehmen Alvarez & Marsal erwartet in den kommenden zwölf Monaten auch in der Schweiz vermehrt Kampagnen. Dabei entscheidet in vielen Fällen die Reaktion des Managements auf die Gespräche mit Investoren, ob es zu einer Kampagne kommt. Werden die Anliegen der Investoren als praktikabel erachtet, kann der weitere Verlauf auch im Hintergrund ohne öffentliches Zutun vonstattengehen. Denn nicht immer stossen aktivistische Investoren auf Ablehnung: Oftmals zeigen die Aktivisten Optimierungspotenziale und damit Wertsteigerungsmöglichkeiten im Unternehmen auf. Das freut letztlich auch institutionelle und private Anleger.
Wie können sich Unternehmen nun auf mögliche Vorstösse von aktivistischen Investoren vorbereiten? Das Management eines Unternehmens sollte regelmässig die Strategie und die üblichen Anliegen der Investoren im Hinblick auf das eigene Unternehmen überprüfen und so mögliche Angriffsflächen minimieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Bewertung am Aktienmarkt. Ist die Bewertung des Unternehmens adäquat oder sogar hoch, hält das Aktivisten ab. Sie steigen gerne bei tendenziell niedrigen Aktienkursen ein, um die künftigen Kursgewinne zu vereinnahmen.
An dieser Stelle spielt eine professionelle Kapitalmarktkommunikation eine entscheidende Rolle, insbesondere im Vorfeld einer möglichen Beteiligung eines aktivistischen Investors am Unternehmen. Sie hilft, die Equity Story am Markt verständlich zu kommunizieren. Investoren müssen wissen, welche Chancen und Perspektiven das Unternehmen bietet. Die Equity Story sollte regelmässig einem Stresstest unterzogen und auf potenzielle Ungereimtheiten geprüft werden, die bei Marktteilnehmern zu Unsicherheit führen könnten. Gleiches gilt für die Finanzziele: Unternehmen sollten ihre Ziele deutlich formulieren und mit Kennzahlen und Massnahmen unterlegen. Sie sollten sicherstellen, dass die Ziele klar und realistisch gesetzt sind, um den Shareholder Value zu steigern. Durch die Fokussierung auf die Optimierung der Strategie und die Erreichung langfristiger Ziele können Unternehmen gleichermassen mögliche Angriffspunkte für Aktivisten reduzieren und ihre Attraktivität für potenzielle Investoren erhöhen.
Ein wirksamer Weg, um die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens gegenüber aktivistischen Investoren zu stärken, besteht darin, die Governance-Struktur eines Unternehmens zu verbessern. Dies beinhaltet die Einrichtung eines unabhängigen Verwaltungsrates, die Stärkung der internen Kontrollen und die Schaffung transparenter Entscheidungsprozesse. Eine solide Governance-Struktur kann dazu beitragen, die Unternehmensstrategie zu schützen und das Vertrauen der Investoren zu gewinnen.
Nicht weniger wichtig ist der regelmässige Austausch mit den Kerninvestoren. Kotierte Unternehmen vernachlässigen häufig den Austausch mit relevanten Aktionären in ruhigen Zeiten. Sie sollten kontinuierlich über ihre Strategie, ihre Fortschritte und langfristigen Pläne informieren. Durch den Aufbau einer guten Beziehung zu den Kernaktionären können Unternehmen ihre Sichtweise darlegen, so deren Vertrauen gewinnen und mögliche Konflikte minimieren. Gleichzeitig können allfällige Bedenken der Aktionäre im Sinne eines Frühwarnsystems entgegengenommen und diese entsprechend innerhalb des Unternehmens verarbeitet werden.
Das gleiche Prinzip gilt auch für die Medien: Aufbau und Pflege einer soliden Beziehung zu den relevanten Medien ist der Schlüssel, um die Positionen des Unternehmens glaubwürdig und umfassend darlegen zu können, sollte ein Aktivist mit seinen Forderungen für Unruhe sorgen. Fehlt ein solches Netzwerk, fehlt ein überaus wichtiger Kanal in einer für das Unternehmen schwierigen Situation.
Eine sorgfältige Prävention und eine gute Kapitalmarktkommunikation können Unternehmen vor den Absichten eines aktivistischen Investors schützen. Das gilt leider nicht immer. Im Folgenden ein paar Handlungsempfehlungen für Unternehmen, die beispielsweise einen offenen Brief eines aktivistischen Investors mit seinen Forderungen erhalten haben:
a) Sorgfältige Analyse:
b) Eingrenzung:
c) Ernsthaftigkeit:
d) Issue Management:
e) Kommunikation:
Die Konfrontation mit aktivistischen Investoren kann für Unternehmen eine Herausforderung darstellen. Dennoch sollten Unternehmen diese Situation als Chance betrachten, ihre Governance-Struktur zu stärken, die Performance zu verbessern und den Dialog mit allen Stakeholdern zu intensivieren. Bei einem Angriff eines aktivistischen Investors sollten Unternehmen mit einer gründlichen Analyse, einer klugen Reaktion und einer offenen Kommunikation aufwarten. In einem solchen Fall gilt es, Ruhe zu bewahren, die geäusserte Kritik mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu prüfen und einen ständigen Austausch mit allen Kernaktionären inklusive des aktivistischen Investors zu betreiben. Denn überzeugende Antworten bzw. Pläne des Unternehmens überzeugen auch Aktivisten.